Wolhynien und die Evangelischen Baptisten-Gemeinden im Gebiet Rowno
von OTTO PENNO
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Die Anfänge
Die evangelischen Baptisten-Gemeinden im Gebiet Rowno im "ukrainischen Wolhynien" hatten immer eine enge Beziehung zu Deutschland. Die Gemeindearbeit unter den deutschen Siedlern im Gebiet Rowno begann im Jahr 1852 durch Pastor Lehmann aus Berlin.
Im Städtedreieck Rowno - Tutschin - Ostrog waren schon viel früher über 40 Dörfer und Kolonien für Siedler geplant worden. Darum warb die damals deutschfreundliche Zarenregierung um Landwirte, Handwerker, Kaufleute, Ärzte, Lehrer und Verwaltungsangestellte für diesen schönen, waldreichen Landstrich. Das Werben brachte Erfolg. Die ersten deutschen Siedler kamen 1816 nach dem Wiener Kongress (1814/15), auf dem die Grenzen in Europa nach dem Sieg über Napoleon I. neu bestimmt worden waren. Sie wanderten aus Mecklenburg, Brandenburg. Sachsen, Schlesien und dem Posener Land ein.
Der ersten Siedlerwelle folgte eine zweite Zuwanderung im Jahr 1831. Die dritte und letzte Welle war 1861. Sie verzeichnete besonders viele Siedler aus dem Posener Land, die bei den Polenaufständen Familienmitglieder verloren hatten und nun eine neue, friedliche Heimat suchten, um ohne Angst leben zu können.
Auch unsere Ahnen waren von Aufständen betroffen. Fanatische Polen vergriffen sich an ihnen, nur weil sie Deutsche waren. Mein Ururgroßvater Andreas Penno wurde 1838 auf schreckliche Weise umgebracht. Seiner Frau und seinen drei Kindern blieb das Bild des Mordes auf dem eigenen Hof immer vor Augen. Mit dem Heranwachsen der beiden Söhne Heinrich und Friedrich Penno beschloss die Familie, den Hof zu verkaufen und nach Wolhynien in das Gebiet Rowno umzusiedeln.
Unter den vielen Siedlern waren auch Baptisten, die ihre Missionare aus Deutschland einluden, um in ihrer Heimat ungehindert entsprechend ihrem Glauben leben zu können. Aus der Arbeit von Missionaren wie Oncken, Lehmann und Alf entstanden baptistische Hauskreise. Da die Baptisten zu jener Zeit noch keine eigenen Kirchen hatte, versammelten sich die Gläubigen zu Andachten und Gebeten in ihren Häusern. Die größeren Gottesdienste wurden meistens in den Scheunen großer Höfe abgehalten.
Einen besonderen Stellenwert hatte die Unterweisung der Kinder. Es wurden Sonntagsschulen gegründet, um den Kindern die Bibelgeschichten zu erzählen und einen Unterricht durchführen zu können. Mein Urgroßvater Friedrich Penno stiftete ein Grundstück für den Kirchbau in seiner Heimatgemeinde, an anderen Orten geschah Ähnliches, so dass bereits 1852 erste Gemeinden in Lucenow, Kolowert, Kostopol, Porosow und Roschischtsche entstanden, die Dr. Eduard Kupsch in seinem Buch "Die Geschichte der Baptisten von 1852-1932 in Polen" ausführlich beschreibt.
weiterlesen Teil 2 (Heimat Lucynow)
Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Autors. Otto Penno ist Pastor des Bundes Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden in Deutschland. Er wurde 1937 in Lucynow im Gebiet Rowno geboren.
Für mehr Informationen über die Geschichte der deutschen Baptisten in Wolhynien siehe auch Donald Miller: In the Midst of Wolves. A history of German Baptists in Volhynia from 1863 to 1943.