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Das Wolhynierlied aus der Verbannung 1915

Der hier wiedergegebene Text könnte die Originalfassung des Wolhynierliedes sein. Es soll 1915 in der Vertreibung in Sibirien entstanden sein. Der Text wird dem Kantor Gustav Frieske aus Wladyslawówka zugeschrieben. Das Lied wurde nach der russischen Melodie "Wolga, Wolga, matj rodnaja" gesungen.

Wolhynierlied

Aus Wolhynien sind vertrieben alle Deutschen arm und reich,
keiner ging den Weg auf Rosen, alle waren sie jetzt gleich.

Sonntag früh, am fünften Juli, gerade zu der Erntezeit,
mussten weg die Vielgeplagten, alle, arm' und reiche Leut'! 

Angespannt und schwer beladen stand der Wagen vor der Tür,
manche Sachen, oh wie schade, blieben hier noch liegen mir.

Vorwärts ging's durch Sturm und Wetter, auf Befehl der Obrigkeit,
keiner fand jetzt einen Retter, der ihn aus der Not befreit.

So ging's vorwärts durch die Wälder, über Hügel, Berg und Tal,
über Felder und durch Städte und durch Dörfer ohne Zahl.

Auf den Strömen statt mit Dampfern fuhren wir in einem Kahn,
und auf Wegen mancher Arten, dann zuletzt per Eisenbahn.

Auf dem langen Trübsalswege kam der Tod, hielt gleichen Schritt,
kleine Kinder, alte Leute, Jugendblüte nahm er mit.

Es ist gar nicht zu beschreiben diese große Trübsalszeit.
Jeden drückten schwere Sorgen. Ach, wann endet doch das Leid?

Endlich ist der Tag gekommen, da wir in Sibirien hier
freundlich wurden aufgenommen, fanden Wohnung, Nachtquartier.

Haben hier bei russ'schen Leuten Obdach für die Winterzeit.
So sorgt Gott in schweren Zeiten, ihm sei Dank in Ewigkeit!

Was vergangen und geschehen, hat ein jeder schon gefühlt,
aber wie's uns noch wird gehen, ist uns allen hier verhüllt.

Doch das eine ist uns sicher, daß es geht nach Gottes Rat.
Er ist ja der rechte Richter, der noch nie gefehlet hat.

Er wird ja die Seinen schützen in der großen Trübsalszeit:
sollten gleich die Berge stürzen und uns droh'n die Ewigkeit.

Das hat Gott vor allen Zeiten jedem Gläub'gen kundgetan
und er will auch uns bereiten ein gelobtes Kanaan.

Drum getrost in trüben Stunden, geht's auch gleich durch schweres Leid,
denn darinnen hat gefunden mancher seine Seligkeit.

Gott führt zwar auch seine Kinder oft in großes Herzeleid,
damit doch ein jeder Sünder denke an die Ewigkeit.

Aus: "Wolhynische Hefte" 4.Folge, S. 98/99


Melodie "Wolga, Wolga, matj rodnaja"

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