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Kurze Geschichte der Wolhyniendeutschen

Teil 5 - bis 1945

7"In der Gegend um Iwanowitsch / Solodyri scheint es im wesentlichen vier Zeiträume gegeben zu haben, in denen die Einwohner ausgewandert sind, entweder zurück nach Ostpreußen oder aber nach Nordamerika. Das geschah vor dem ersten Weltkrieg, hauptsächlich zwischen 1905 und 1913, direkt nach dem Krieg, als viele Ausgesiedelte nicht mehr nach Wolhynien zurückgingen, dann 1926-28, als sie vor der zunehmenden kommunistischen Unterdrückung flohen, als dieses noch möglich war, und im November 1943, als die Deutschen Siedler zusammen mit der zurückweichenden deutschen Wehrmacht marschierten.

Ursprünglich bestanden die Kolonien der Deutschen aus einzelnen Bauerngehöften. Unter Stalin erzwangen die Kommunisten die Kollektivierung der Bauern (1928 in Iwanowitsch) und ordneten an, daß die einzelnen Bauerngehöfte abgerissen und geschlossene Dörfer erbaut wurden. Die Sowjets nahmen ihnen etwa die Hälfte des Baumaterials weg, so daß die neuen Häuser entlang der drei schmutzigen Straßen um vieles kleiner wurden als die ursprünglichen Bauten. In den 30er Jahren fand auch die erzwungene Kollektivierung der Landwirtschaft statt, die eine künstliche Hungersnot zur Folge hatte. ...

In den 30ern wurden viele Deutsche von den Kommunisten verhaftet und umgebracht und die Gottesdienste wurden verboten. Als die Sowjets anfingen, einen erneuten Krieg mit Deutschland zu fürchten, ordneten sie an, alle Deutschen, die in einer bestimmten Entfernung zur Grenze lebten, weiter hinein nach Russland umzusiedeln. ... In der gleichen Zeit verließen die Deutschen die kleineren Kolonien, in denen sie sich nicht vor den mordenden Sowjets sicher fühlten, und zogen in größere Orte, die einen gewissen Schutz boten.

Es ist unter diesen Umständen nicht überraschend, daß die Ankunft der deutschen Soldaten zu Beginn des Zweiten Weltkrieges als ein Segen angesehen wurde. Es durften wieder Gottesdienste gehalten werden, und einige der Partisanen, die mit den Russen zusammengearbeitet hatten und so den Tod vieler deutscher Siedler zu verantworten hatten, wurden nun selber zusammengetrieben und erschossen.

Die besseren Zeiten dauerten von Juni 1941, als die Deutschen in die Sowjetunion einmarschierten, bis November 1943. In diesem Monat flohen ungefähr 350.000 Deutsche aus der Ukraine mit der zurückweichenden Deutschen Wehrmacht. Dieses Ereignis ist als "Der große Treck" in die Geschichte eingegangen. Die Deutschen wurden in den Warthegau evakuiert (jetzt Poznan in Polen). ..."

Ein besonderes Kapitel in der Rücksiedlung Wolhyniendeutscher stellt die durch die Regierung des Dritten Reichs initiierte Umsiedlungsaktion dar. Am 23. August 1939 wurde der als "Hitler-Stalin-Pakt" bekannte deutsch-sowjetische Nichtangriffspakt durch von Ribbentrop und Molotow unterschrieben, gefolgt am 28. September 1939 von einem vertraulichen Zusatzprotokoll, in dem die Übersiedlung der deutschstämmigen Bevölkerung aus dem Gebiet der sowjetischen Interessensphäre (nicht nur der Sowjetunion) geregelt wurde. Wenige Wochen später begannen die Aussiedlungen von Balten-, Galizien- und Wolhyniendeutschen, und zwar auf Wunsch der deutschen Seite. Gerade die Rückkehr der Wolhyniendeutschen wurde propagandistisch ausgeschlachtet.8 Die deutschen Umsiedler wurden durch die eigens für diesen Zweck eingerichteten Einwandererzentralstellen geschleust, in denen die Einbürgerungsformalitäten abgewickelt wurden, was auch eine rassische Bewertung einschloß.

Dave Obee schreibt weiter: "Viele der Männer wurden bald nach ihrer Ankunft in Polen von der Wehrmacht rekrutiert und von ihren Familien getrennt und viele ihrer Frauen wurden 1945 von den sowjetischen Truppen übernommen und auf sowjetisches Gebiet zurückgebracht.

Einige Deutsche kamen bis auf wenige Kilometer an die Grenze zwischen Ost- und Westdeutschland, andere lieferten sich den britischen oder amerikanischen Truppen aus und wurden dann an die Sowjets ausgeliefert, weil sie sowjetische Papiere hatten. Alle Deutschen, die an die Sowjets ausgeliefert wurden, wurden nach Sibirien oder Zentralasien geschickt, gewöhnlich in Zwangsarbeitslager. In den 50ern wurden sie sozusagen freigelassen: sie wurden zwar aus den Gefangenenlagern entlassen, wurden aber gezwungen, in bestimmten Orten zu arbeiten und zu leben, gewöhnlich in Kasachstan. Seit des Zusammenbruchs des Kommunismus gibt es eine große Anzahl von Deutschen, die nach Deutschland ausgewandert sind.

Die ehemaligen deutschen Kolonien wurden von einheimischen Russen und Ukrainern besiedelt."


Quellen:

7) Dave Obee: German colonies in Russian Wolhynien and surrounding areas. 1997. Übersetzung und Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Autors, Webseite: http://www.volhynia.com/

Mehr von Dave Obee: Researching Stalin's Victims [266KB]

8) siehe auch Wilhelm Fielitz: Das Stereotyp des wolhyniendeutschen Umsiedlers. Popularisierung zwischen Sprachinselforschung und nationalsozialistischer Propaganda. Elwert Verlag, 2000

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